Privater Kunstblog zum Thema:

Künstlerisches Handeln in Zeiten globaler Umbrüche


Die Welt von heute scheint aus den Fugen geraten. Sie ist durch große Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Fragilität, Krieg und Flucht, Terror und Gewalt geprägt. Damit ist die Entwicklung unserer zukünftigen Lebenswelten wieder zu einem bedeutsamen Schwerpunkt in der Kunst geworden. Auch die Erkenntnisse und Prognosen der Techniksoziologie und der Zukunftsphilosophie werden zunehmend als Gegenstand der Kunst entdeckt. Die bildende Kunst, das Theater, die Literatur und der Film reagieren darauf auf unterschiedliche Art und Weise. Mich beschäftigt die Frage, wie kann sich der Künstler, der ja Teil dieser Entwicklungen ist, den sich daraus ergebenden existentiellen Herausforderungen sinnvoll nähern? In diesem Zusammenhang möchte ich meine Bilder aus der Zeit um 5 nach 12 in lockerer Folge vorstellen. Texte zu den globalen Auswirkungen des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems ergänzen diese bildlichen Darstellungen. Über Reaktionen von Künstlern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, würde ich mich freuen.


Trash People

Auf ihrer Reise um die Welt lässt der Künstler HA Schult seine "Trash People" Station in Berlin machen. In einer Baugrube neben der Friedrichswerderschen Kirche stellte Schult am 05. August 2016 eine Phalanx von 300 seiner aus Abfall gefertigten Figuren vor. Sie sollen die Ausgegrenzten und Ausgebeuteten dieser Welt symbolisieren.



Schults Skulpturen sind die "Trash People", Müllmenschen, die er aus Abfall zusammengefügt hat und seit zwei Jahrzehnten in 20 Seefrachtcontainern um die Welt schickt.
Ökologie und die Auswirkungen der Konsumgesellschaft sind die Grundthemen von Schult, die er mit den Trash People vergegenwärtigen will.
Die "Trash People" verkörperten den Menschen. Wir produzieren Abfall. Und irgendwann sind wir selbst auch nur noch Abfall, erklärte Schult anlässlich der Vorstellung in der Öffentlichkeit.
Vom Rand der Baustelle waren die Skulpturen nur sehr kurze Zeit vom 05.August bis zum 07.August 2016 aus zu sehen. Kunst hin oder her. Das Baugeschäft must go on.
Die Baugrube neben der letzten noch ganz erhaltenen Schinkel-Kirche steht unter besonderer Beobachtung, weil der Bau von Luxuswohnungen auf der anderen Seite zu bleibenden Schäden an dem neugotischen Gebäude geführt hat.

Die Friedrichswerdersche Kirche wurde nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbaut und gilt als eines der authentischsten Gebäude des preußischen Baumeisters. Die Friedrichswerdersche Kirche in Berlin-Mitte ist ein denkmalgeschütztes Juwel. Seit drei Jahren ist sie geschlossen, weil eine Nachbarbaustelle das Gebäude schwer beschädigt hat: Risse im Gemäuer, kaputte Altarstufen, gebrochenes Fundament. In der Diskussion darum, wie das passieren konnte, verhielten sich die Denkmalschützer merkwürdig still. Warum? Möglicherweise deshalb: Mitten im historischen Herzen Berlins ist der Schinkelplatz ein Filetstück und gilt als eine der teuersten Wohnlagen der Stadt.

Von drei Seiten schieben sich künftig fünf- bis siebengeschossige Baukörper dicht an den Sakralbau heran. Die Baugrube neben der letzten noch ganz erhaltenen Schinkelkirche steht unter besonderer Beobachtung. Gewaltige Hydraulikkonstruktionen sollen die Baugrube stabil halten. 
Bis jetzt hat sich nach Aussage der verantwortlichen Immobilienfirma die Kirche keinen Millimeter bewegt.
Die Müllarmee in der Baugrube




Im Hintergrund der Baugrube zu sehen, v.l.n.r.
Berliner Dom, Humboldt-Box, das rekonstruierte Stadtschloss/zukünftiges Humboldt Forum, Schinkels Bauakademie-bislang aber nur mit Schau- und Musterfassade aus Plastikplanen

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